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Der Jurist e.V. machte den 23. Juni 2017 zum Thementag der Wirtschaftskriminalität an der Universität Passau.
In den vier Vorträgen und der abschließenden Podiumsdiskussion kamen interessante Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, der anwaltlichen Praxis, der Justiz und der Wissenschaft zu Wort und boten den Zuhörern einen idealen Überblick über die Problemstellungen in der Welt der Wirtschaftskriminalität. Insofern stellte der Thementag einen Brückenschlag zwischen Recht und Wirtschaft dar und sprach somit nicht nur Studierende und Beschäftigte der juristischen Fakultät an.
Erster Redner war Alexander Geschonneck, Partner der internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG im Bereich Compliance & Forensic. Herr Geschonneck erklärte, wie private Dienstleister die Prävention, Aufklärung und Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität betreiben. Forensische Untersuchungen, wie sie KPMG anbietet, werden im Rahmen von Projektarbeit durchgeführt. Dazu gehört, dass das beauftragende Unternehmen dem Dienstleister einen großräumigen Zugang gewährt, damit dieser Dokumentenanalysen, Hintergrundrecherchen, forensische Interviews und Datenanalysen durchführen kann. Da wirtschaftsstrafrechtliche Sachverhalte sich oftmals über lange Zeiträume erstrecken, sind derartige Untersuchungen sehr arbeitsaufwendig. Im Rahmen einer Untersuchung kann sich allein die Zahl zu durchforstender E-Mails auf über eine Million belaufen.
Mit einem ähnlichen Aufgabenspektrum hat auch Dr. Beate Weik als Staatsanwältin zu tun. Ihr Vortrag korrespondierte an einigen Punkten mit den Ausführungen von Herrn Geschonneck, wodurch besonders das Verhältnis von staatlicher Strafverfolgung und den Forensic Services deutlich wurde. Während sich die Staatsanwaltschaft über Personalmangel beklagen muss, können mühsame Aufgaben von Unternehmen wie KPMG auf eine Vielzahl von Mitarbeitern verteilt und so zügig erledigt werden. Auch der Wandel der Zeit macht der Staatsanwaltschaft größere Probleme. In Sachen Fachwissen und technischem Knowhow besteht dadurch oft ein großes Gefälle zwischen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigerseite. Letztlich profitiert die Staatsanwaltschaft jedoch von den Ergebnissen forensischer Untersuchungen, wenngleich die Verwertung dieser vor dem Hintergrund, dass private Unternehmen nicht an die Prozessgrundsätze des Strafrechts gebunden sind, Probleme aufwirft.
Zum Pflichtenkreis eines Managers im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht referierte der Strafverteidiger und Partner der Kanzlei Grub Brugger Dr. Norbert Scharf. Das dichte Netz an gesetzlichen Bestimmungen, die ein Unternehmer zu beachten hat, um nicht den Tatbestand einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu erfüllen, machen deutlich, dass die Anforderungen an einen Manager weit über unternehmerische Fähigkeiten im engeren Sinne hinausgehen. So ist er es letztlich allein, der wirtschaftliche Entscheidungen treffen und dabei immer die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften beachten muss. Ein funktionierendes Compliance-System ist dabei unerlässlich und dessen Unterhaltung geboten. Daneben ergeben sich aus einem Compliance-Fall anlassbezogene Pflichten, die ein Handeln erforderlich machen. In Unternehmen bereitet gerade dies Probleme, da so Maßnahmen erforderlich gefordert sind, die nicht unmittelbar wirtschaftlich sind.
Vor dem letzten Vortrag des Thementages richtete Prof. Dr. Holm Putzke in Vertretung von Prof. Dr. Carola Jungwirth einige begrüßende Worte an die Zuhörer.
Wirtschaftsprofiler Mark T. Hofmann beleuchtete in seinem Vortrag zum Thema Profiling und Psychopathie in der Wirtschaftskriminalität genauer die Person des Wirtschaftsstraftäters. Der typische Wirtschaftskriminelle ist ca. 40 Jahre alt, männlich, verheiratet, hat einen Hochschulabschluss und keine Vorstrafen. Es sind besondere Umstände, die einen Menschen zu wirtschaftskriminellen Handlungen verleiten. Dazu gehört zum einen die passende Gelegenheit. Der Täter hat außerdem eine Motivation, die z. B. aus finanziellem Druck resultieren kann. Der Täter hat zudem eine innere Rechtfertigung, mit der er das Unrecht für sich selbst neutralisiert.
Keine unwesentliche Rolle spielt im Wirtschaftsstrafrecht die Psychopathie. Das liegt nicht nur daran, dass die Quote an Psychopathen in Führungspositionen um ein vielfaches höher ist als in der gesamten Bevölkerung. Psychopathen neigen in ihrem Wesen auch besonders zur Begehung von wirtschaftskriminellen Handlungen. Ursächlich sind dabei ihr mangelndes Verantwortungsbewusstsein, ihre fehlende Empathie, ihre Dominanz und ihre Fähigkeit Menschen zu manipulieren.
Damit endete die Vortragsreihe des Thementages. Die Teilnehmer konnten sich beim darauffolgenden Sektempfang über die bisherige Veranstaltung austauschen und sich auf die abschließende Diskussion einstimmen.
Die Gäste für die abschließende Diskussion waren der LAG-Richter Sascha Pessinger sowie Anwalt und Gründer einer Arbeitsrechtskanzlei Prof. Dr. Stefan Nägele. Gegenstand war das Beweisverwertungsverbot in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung. Unter reger Beteiligung der Anwesenden wurde die Entwicklung der Rechtsprechung zur arbeitsprozessualen Beweisverwertung sowie deren Sinn und Unsinn diskutiert.
Anschließend war das offizielle Programm unseres Thementages zu Ende. Zusammenfassend kann man sagen, dass es vor allem die viele Perspektivwechsel waren, die die Veranstaltung besonders machten. So hatte man schließlich ein klares und greifbares Bild der Zusammenhänge im Wirtschaftsstrafrecht, die weit über den juristischen Horizont hinausreich